Gyps, die Cloud und ich

Gyps, die Cloud und ich

Nach einigen Irrflügen, Gyps war von den Strecken abgekommen, waren wir in einer kühleren Gegend gelandet. Hier konnte ich mich mit meiner Trauer um Pi und all dem Vergangenen beschäftigen. Gyps war tagsüber meist unterwegs, doch er hatte versprochen, mich in die Geheimnisse um Mega und Wwwpunkt einzuweisen. Fast schien ihm dabei seine Wichtigkeit dabei noch weiter in seinen Schädel gestiegen zu sein. Aber gut, ich wußte bereits um Megas Existenz. Das soll so ein, nein kein Ding und auch kein Zweibeiner, sondern komischerweise unsichtbares Geflecht aus Symbolen sein. Gyps hatte mir davon einige in den Sand gegraben. Da waren Kringel und 88)~~°^^[[[65 00= ]]]}=?`aad#@ 0001011011100 und andere dieser Zeichen, die mich nur verwirrten. Bisher konnte ich mir darauf keinen Reim machen. Gyps aber war überzeugt, daß ich das schon kapieren würde mit der Zeit. Mein nächstes Abenteuer zu Wwwpunkt war erstmal geplant. Das war ein verwunschenes Dorf für mich. Er war da schon ganz fit unterwegs und in ständiger Verbindung, wie er stolz betonte. Dieses Wwwpunkt sollten wir in der Cloud suchen und dort wäre es auch schön abzuhängen und zu chillen, so drückte er sich aus. Nun ich war schon gespannt wie ein Flitzebogen, oder so. Von den Zweibeinern hatte Gyps eine sehr seltsame Vorstellung. Er meinte sie würden ihr Gehirn zurückentwickeln. Dazu dozierte er in überzeugender Weise und auf mich herabblickend. Von Basalganglien und verkümmerten Großhirnen, linken präfrontalen Hirnbereichen, der Übermacht der limbischen Systeme und der Herrschaft der inneren Drachen sprach er und ereiferte sich dabei. Um das für mich Unverständliche noch zu unterstreichen, wippte er sportlich auf und ab. Ich konnte dem natürlich nicht folgen, aber seine Aufgeregtheit steckte auch mich an. Gefahr im Verzug, das hatte auch meine Freundin Pi erlebt. Sind die Zweibeiner wirklich so beschränkt, können sie nicht anders, als zu vernichten, die Natur zu zerstören und meinen Lebensraum dazu. Die haben ein Reptiliengehirn, damit wollte Gyps aber nichts Schlechtes über diese kalten Mitbewohner sagen. Meine Freunde waren sie nicht, aber sie lebten nun auch einmal und das schon länger als wir.

Gyps heiliger Schlafplatz
Mein Lieblingsplatz

Wie fast täglich, saß ich auf meinem Lieblingsbaum und beobachtete den See. Meist kam Gyps nachmittags über das Wasser gesegelt, um dann an seinem Schlafplatz zu landen. Ich wollte endlich mit ihm KLARTEXT reden. Den kurzen Flug zu seinem Felsen schaffte ich wie immer ohne Probleme. «Hey», krächzte er mir entgegen, «war was ?» Jeden Tag dieselben Fragen, dachte ich mir. «Wann geht’s los in die Cloud?», fragte ich fordernd. «Ach ja, hab› ich versprochen», kam es etwas kleinlaut zurück. Er schien irgendwie von meiner Stimmlage beeindruckt zu sein. «Ich bin immer eingeloggt und hol› dich jetzt dazu, paß auf- «, meinte er nur, «mach› auf, aufmachen, kapier›, Kleiner!» «Was aufmachen?», fragte ich zurück, doch da war’s geschehen und ich sah in eine andere Welt. «Hast du’s, bist du drin? Ja, du bist drin, krass, wie schnell das ging!», lobte mich der Große und ich war mächtig stolz auf mich. Eine Wunderwelt tat sich auf. «Nun können wir driften, was möchtest du wissen, Kleiner», ermunterte er mich. Eigentlich wußte ich nicht so recht was ich fragen sollte, aber mir fiel mein Namensgeber, der Vierbeiner ein, der Chico hieß. «Ich möchte wissen was mit Chico ist», sagte ich zögernd. «Mal schauen was es dazu gibt», erklärte Gyps.

Balduin von Gottswinden, genannt Chico, ist an gebrochenem Herzen verstorben. Er war weitgereist und ein guter und treuer Freund seiner Menschen.

In Kurdistan, als Chicos Welt noch gut und schön war.

«Ach, wie traurig hier alles ist, wie kann das sein?», fragte ich Gyps, der darauf natürlich keine Antwort wußte. «Du kannst viele Fragen stellen, aber Antworten bekommst du nicht immer. Laß› dich einfach einmal treiben, so dahin, schau› die schönen Bilder an und horche auf die Laute, die entstehen, mein Kleiner. Sei nicht traurig, komm'», dabei zupfte er mich an meinen Federn, was ich so gar nicht mochte. «Nein, ich möchte auch traurig sein dürfen», entgegnete ich, doch dann ließ ich mich auch von Wwwpunkt gefangen nehmen und sank in Tiefen, aber ich flog auch in ungeahnte Höhen, weiter und weiter…

Mein Nachtquartier

Als ich wieder in meiner Welt ankam, suchte ich eine Schlafstelle, die ich in einem Garten von Zweibeinern entdeckt hatte. Sie versuchten nicht mich einzufangen, sondern freuten sich, wenn ich abends kam, um in einer Hütte unter dem Dach mein Quartier aufzuschlagen. Wie sollte das alles noch weitergehen? Ich wälzte meine Gedanken und versuchte zu schlafen. Meine Erinnerungen an Chico verfolgten mich. Ich habe keine Tränen, aber mir war danach. Gyps wollte morgen weiterfliegen. Er meinte Kälte mit Schnee würde kommen und wir müßten nach Süden oder Südosten. Hoffentlich funktioniert sein GPS-Tracking diesmal besser, als bei unseren letzten Flügen.

Am Tag des Abschieds

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