Zwischen Beijing und Osaka 2.Teil

Zwischen Beijing und Osaka 2.Teil

Takamatsu auf Shikoku

Kota-Hira-Schrein

Stille – der Zikadenlärm dringt ein in die Felsen.

Klassisches Haiku des Dichters Basho, aus «Haiku Japanische Gedichte», Hrsg. D. Krusche bei DTV, ISBN 978-3-423-12478-2, 13. Auflage
Mittagsstille - 
das Schrillen der Zikaden dringt
ein in die Felsen.

Ein klassisches Haiku habe ich hier an den Anfang gestellt, sinngemäß zitiere ich aus dem oben angegebenem Buch. Die einfache Aussage und Wortspiel von Stille, Zikaden und Felsen ist sinnlich faßbar, auf den beschriebenen Vorgang muß man sich einlassen, eine Balance finden. Ich habe mich eingelassen und versuchte ein klein wenig, Japan kennenzulernen.

Zum Kota-Hira-Schrein mit Frau Masuko

Der Schrein Kota-Hira sollte von jedem Shintogläubigen einmal im Leben besucht werden. Er war Albrechts Wunschziel auf der Insel. Dieser Schrein liegt allerdings nicht auf dem Pilgerweg der 88 Schreine der Insel Shikoku, auf dem wir ursprünglich kurze Teilstrecken erwandern wollten. («Bolavan» hat’s verhindert.) Wir hatten dafür in Deutschland bereits eine Reiseleitung für einen Tag gebucht, exklusiv für uns. Am nächsten Morgen war das Treffen in der Lobby unseres Hotels vereinbart. Frau H. Masuko hatte einen alleinstehenden Herrn erwartet, nun bekam sie also noch mich als Draufgabe. Zum Start erst noch ein dringendes Bankgeschäft! Albrecht wollte nun nach mehreren erfolglosen Versuchen seine letzten Traveller Schecks loswerden. Wir stiefelten los, alle Drei gut zu Fuß. Als das in der dritten aufgesuchten Bank endlich erledigt war und uns Frau Masuko einiges Interessantes am Wege erklärt hatte, fuhren wir mit der Stadtbahn ungefähr 40 Minuten in Richtung Kota-Hira. Ich konnte gar nicht genug hören von den Erzählungen und Fakten. Frau Masuko sprach dank Goetheinstitut sehr gut Deutsch, war auch mehrfach schon in Deutschland und in Osttirol ! gewesen. Als geprüfte Dolmetscherin und Reiseleiterin begleitete sie japanische Geschäftsleute im deutschsprachigen Raum. Ihr Vater war ein Shintopriester, was auch ihr fundiertes Wissen über den Shintoismus erklärte. Aus einem früheren buddhistischen Kloster war der Schrein Kota-Hira geworden, und das ohne blutige Auseinandersetzungen. Die Mönche hatten das Kloster verlassen müssen, da nun dort ein Shinotgott wohnen sollte und niemand sonst. Im Kota-Hira Hauptschrein wohnt der Gott der Reisenden und der der Seeleute. Die Pilger beten um Schutz auf hoher See und den Wegen der Welt. Eine Besonderheit, die ich nicht glauben konnte, ist der Pilgerhund. Er wird von seinem, vielleicht kranken, Besitzer losgeschickt mit schriftlicher Anweisung, Geld für die Spende im Schrein, für Verpflegung und für Denjenigen, dem er sich anschließen darf. Seeleute haben naturgemäß keine Hunde, sie schicken leere Sakefässer mit entsprechender Ausstattung auf die Reise; – ähnlich einer Flaschenpost.

An die 750 Stufen zum Schrein hoch bewältigten wir trotz schwüler Hitze. Ich bekam von Frau Masuko einen breitkrempigen Hut verpaßt, sie streifte sich ihre «Armstrümpfe» über und spannte den Schirm auf. Ihre Erzählungen waren interressant , ich könnte einen Reiseführer schreiben. Ein Beispiel war das ehemalige Einfuhrverbot von japanischen High-Tec Toiletten Marke «TOTO» nach Deutschland. Ausweg war dann die Einfuhr über Italien. Eine verpflichtende Beschränkung des Reisanbaus in Japan führte nach schlechten Ernten zur Einfuhr von Reis aus Thailand. In der Folge benötigte es Kochsendungen im Fernsehen über die richtige Zubereitung von Thai-Reis, denn Reis ist nicht gleich Reis.. Das war verständlich für mich, denn Kartoffel ist auch nicht …

Auf dem Weg zum Kota-Hira-Schrein
Kota-Hira-Schrein inmitten von Zedern und Kampferbäumen. Die Dächer bestehen aus feinen, abgezogenen Zedernrinden und sind mit Bambusnägeln befestigt. Ein solches Dach hat eine Lebensdauer von 40 bis 45 Jahre.

Auf der Rückfahrt nach Takamatsu überrraschte uns lang anhaltender Platzregen. Frau Masuko hatte ein schlechtes Gewissen, als wir versuchten den wunderschönen Tag zu beenden. Sie wäre mit uns noch gerne in den Ritsurin-Park gegangen. Wir versprachen, dies am nächsten Tag bei schönerem Wetter nachzuholen.

Im Ritsurin- Park, japanische Gartenlandschaft in Takamatsu

Der 75 Hektar große Landschaftsgarten bezieht den Berg Shiun mit ein und setzt das Prinzip der «Geborgten Landschaft» um. Vermutlich entstand der Park um 1625 unter dem Einfluß der Familie Sato. Unterschiedliche Feudalherren entwickelten den Park weiter. Dieser Garten entsprach so ganz meinen Vorstellungen mit seinen Teichen, Brücken, Hügeln, Teehäusern und Felsgruppen. Die Größe des Parks und die eher wenigen Besucher ermöglichten eine Art von Meditation, ein Innehalten nach diesen langen Wochen, die hinter uns lagen. Kois kamen an die Uferränder und schienen die besten Futterplätze zu kennen. Ich hatte mich auf Japan eingelassen und es hat mir Feedback gegeben. Am Eingang gibt es einen Übersichtsplan in deutsch, «doitsu no«.

Takamatsu ist mit 422000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt auf der Insel Shikoku. Der Taifun Bolaven hatte unsere geplante Reiseroute in den Osten, an die Pazifikküste zum Kap Muroto verhindert. Dafür haben wir uns für die besuchten Ziele ewas mehr Zeit genommen. Ein typisches Produkt der Region ist der Bonsai. Er wurde hier in der Zeit von 1603-1868 sozusagen kreiert. Außerdem konnten wir auch die Herstellung, Dank an Frau Masuko, von Bonito -Flocken beobachten. Bonito ist ein Fisch aus der Familie der Thunfische und Makrelen. Dieses Produkt darf in keiner japanischen Küche fehlen.

Bonitoflocken

Von unserem Hotel aus erkundeten wir am vorletzten Tag unseres Aufenthaltes zu Fuß den Hafenbereich und den Tamano-Park mit den Resten einer der ganz wenigen Wasserburgen Japans. Durch ein ausgeklügeltes Schleusensystem konnte der Wasserspiegel trotz Tide konstant gehalten werden. Die Burggräben wurden mit Meerwasser geflutet. Beginn des Baues wird auf 1587 datiert.

Auf der kilometerlangen Mall bescherten die tonnen-kuppelartigen Glasdächer den Fußgängern und Fahrradfahrern erträgliche Temperaturen. Die Sitze der Fahrräder waren ungewöhnlich niedrig montiert. Die Beine vieler Japaner sind offensichtlich kürzer und ein Stopp schien dadurch einfacher. Wir konnten keine Kollisionen beobachten trotz hohen Tempos.

Die mit über 400000 Einwohner große Stadt war ein Dorf im Vergleich zu unserem nächsten Ziel, Osaka. Die schnellste Verbindung nach Osaka gibt es mit dem Bus (Dauer ca. 4 Stunden) ohne Umsteigen. Bustickets erhält man am Busterminal gleich gegenüber vom Bahnhof. Also los, ab mit dem Bus Richtung Osaka-Namba! Die Busroute führte entlang der Hügelzüge mit Sicht auf die See, Reisfelder und Dörfer. Bushaltestellen direkt an der Autoahn wurden angefahren und die Anzahl der Passagiere nahm zu. Bei Naruto überquerten wir über die erste Hängebrücke die Inlandsee, um auf die Insel Awaji in Richtung Kobe zu kommen. Die zweite Hängebrücke verbindet Awaji mit Honshu, der Hauptinsel auf der auch Osaka liegt. Sie war damals die längste Hängebrücke der Welt und unter dem Namen Akashi-Kaikyo-Brücke mit 3911m Länge auch heute noch.

Die Grenzen zwischen Kobe und Osaka waren nicht auszumachen. Ein Konglomerat von Gebäuden, Häfen, Straßen über mehrere Etagen begleiteten uns bis nach Osaka- Namba.

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