Zwischen Oslo und Uppsala
Narvik – Erzhafen, Militärhistorie und «rent-a-car-Flop»
Nach gut drei Stunden erreichten wir den zentralen Busbahnhof in Narvik. Unsere Unterkunft war diesmal nicht gerade fußläufig zu erreichen und ein Taxi nicht in Sicht. So bemühte ich mich telefonisch um Kontakt, was nicht so recht gelingen wollte. Callcenter halt. Zwei Norweger meines Alters, die ich um Hilfe gebeten hatte, schafften dann den «Durchbruch», nach einiger Zeit wurde ich zurückgerufen und nach wieder weiterer Wartezeit kam das Taxi an. Eine ältere Frau stand verlassen neben uns. Auf meine Frage und Bitte sie doch mitzunehmen, erwiderte der Taxifahrer freundlich aber bestimmt, dies sei nicht möglich…. Ich hatte ihm noch die eingegangene SMS meiner Taxiorder gezeigt: Beförderung von zwei Personen, – mehr war nicht möglich. Die Strecke zu unserer Ferienwohnung war nicht unbedingt weit, aber ziemlich steil hoch. Wieder einmal machte uns eine Keybox «Probleme». Nachdem wir endlich kapiert hatten, das die Box neben der Haustüre stillgelegt, die Türe nicht verschlossen war und die funktionierende «Apparatur» mit dem laut Email fünfstelligen Zahlencode von uns geöffnet werden konnte, – ließ der Stress nach, wir waren angekommen. Für acht Tage war dies nun unser Zuhause. Wie immer gestalteten sich nun die folgenden Stunden: ich packte aus und Albrecht erkundete die Umgebung. Außerdem erledigte er den anstehenden Einkauf bei «KIWI» weiter bergauf, Googlemaps sei Dank. Die Ferienwohnung war tiptop, bestens ausgestattet mit Waschmaschine, im Kühlschrank Willkommensgetränke. Mit dem Herd mußte ich mich erst anfreunden, die Kochplatten wurden per Fingerkuppe navigiert, was mir erst Schwierigkeiten bereitete. Bei der Inbetriebnahme der Waschmaschine hatte ich keine Probleme. Während unseres Aufenthaltes war nur einmal ein kurzer Kontakt mit dem «Vermieter» an der Haustüre erfolgt und ohne Nachfrage von dessen Seiten. Ich dachte er wäre ein Handwerker und fragte nach… Wir fühlen uns daher in dieser Wohnung eher als Kurzzeitmieter und nicht als Gäste; aber okay, ansonsten war allles gut. Am nächsten Tag wollten wir unseren Leihwagen in Harstad-Evenes Flughafen abholen.
Mit der Werbung waren wir nicht vertraut; wahrscheinlich hätten wir besser mit «Alexa» buchen sollen…https://www.sixt.de/werbung «Alexa, buch› mir ein Auto», 2017 – Mit dem Bus erreichten wir den Flughafen in knapp einer Stunde und nach kurzer, sehr kurzer, Abwicklung der Vertragsvereinbarung wurde Albrecht der Schlüssel ausgehändigt. Wir fanden das Auto auf dem ausgewiesenen Parkplatz noch immer in der Annahme, einen «Benziner» angemietet zu haben. Albrecht hatte sogar noch nach einer Tankstelle gefragt, worauf er eine vage Antwort bekommen hatte…. Lange Rede kurzer Sinn, nach einem Bremsmanöver, wir hatten nach dem Flughafen die falsche Abfahrt genommen, rührte sich das Auto nicht mehr, es «bockte», so meinte ich. Da wir in Sichtweite des Militärcamps standen, dauerte es nicht lange bis ein Soldat mit Sturmgewehr auftauchte. Wir erklärten unser Problem. Er klemmte sich mit seiner Waffe hinter das Steuer, doch es rührte sich nichts. Inzwischen hatte ich die Road-Assistence am Telefon. Kein Benziner sondern ein Elektrofahrzeug bockte, Display in norwegischer Sprache, was uns natürlich vor unüberwindbare Probleme stellte. Unser helfender Soldat war wieder in das Camp zurückgegangen und wollte Hilfe schicken. Albrecht gebrauchte mehrfach das Sch…Wort, was eine absolute Besonderheit war. Nach einiger Zeit kam ein Jeep mit zwei Helfern, Soldat und Soldatin, diesmal ohne Waffe. Die Road-Assistence übergab ich an den Soldaten, der sich sogleich an die Arbeit machte. Nach ungefährt 15 Minuten lief das Fahrzeug wieder. Nochmals ganz herzlichen Dank an die Drei! Wir waren bedient und fuhren vorsichtig zurück auf den Parkplatz; (5 Minuten), stiegen aus und wollten abschließen, – was soll ich sagen, es hat nicht funktioniert. Wir haben das Auto abgegeben, no-way. Fairerweise sei gesagt, es waren uns im Nachhinein keine Unkosten in Rechnung gestellt worden. Mit dem Bus ging’s wieder zurück nach Narvik. Der Tag war gelaufen.
Narvik war im 2. Weltkrieg hart umkämpft. Mit ein Grund waren die Eisenerztransporte aus Kiruna/Schweden, die dank des eisfreien Hafens hier verschifft wurden; denn die Waffenproduktion brauchte Eisen. Ein Besuch des Kriegsmuseums stand auf unserem Programm. Am folgenden Tag machten wir uns auf. Ein modernes Konzept auf mehreren Etagen nach unten ließ mich jene Zeit nachempfinden. Sicher ist die Wirkung auf Besucher unterschiedlich, je nach Einstellung, aber bedrückend allemal. Der Ukrainekrieg in der Gegenwart (2022) und die Bilder, Exponate und Berichte des WW II vermengten sich in meinem Kopf. Auf Fragen fanden meine Gedanken keine Antworten.
Narvik
Kriegsmuseum Narvik in Bildern
Narvik Kirke erbaut 1925 – ( 2022 oben und um 1940 unten )
Die Ideologie des Naziregimes mit Größenwahn und Allmachtsanspruch läßt mich heute frösteln; aber ist diese Art zu denken wirklich Vergangenheit?
Wieder ein Tag mit regnerischem Wetter, doch wir machten uns auf. Mit dem Bus fuhren wir Richtung Seilbahnstation. Etwas abseits davon führte ein Pfad in den Wald. Der Weg wurde steiler und glitschig. Ich murrte nach einer halben Stunde. Als wir die Asphaltstraße, die zum hoch gelegenen Panoramarestaurant führte, erreichten, schlugen wir den Rückweg ein, da wie wir wußten auch das Restaurant noch geschlossen war. Ohne Probleme fanden wir zurück. Als wir den Supermarkt KIWI passierten, patschenaß inzwischen, überholte uns ein Bus und stoppte kurz danach. Unsere morgendliche Busfahrerin saß am Steuer und nahm uns mit in’s Zentrum.
Bei herrlichem Sonnenschein machten wir uns mit dem Bus auf in den Beisfjord. An der Endhaltestelle Tommerbakken, inmitten von Natur und einigen wenigen Häuschen, orientierten wir uns. Eigentlich sollte hier eine Brücke sein. Den vermuteten «Flußübergang», Teil einer Langlaufloipe, fanden wir nicht. Der Uferweg am Fluß Lakselva, bald nur noch ein Pfad, eröffnete wunderbare Ausblicke.
Im Ort querten wir über die Autobrücke den Fluß und suchten sozusagen querfeldein das ehemalige Gefangenenlager der Nazis. Gefangene Serben, Bosnier, Kroaten und später auch Russen waren hier interniert. Die Gedenkstätte liegt in einem Kiefernwäldchen. Die Wanderpause tat uns gut, es war ziemlich warm geworden.
Auf der Suche nach Rentieren und dem Samen Lars wurden wir an der Straße nur von einem aufmerksamen Hund verbellt. Einige Snowmobile standen im Grünen. Also wieder zurück und auf den Weg zu dem Beisfjordgubben. Gubben bedeutet alter Mann und in diesem Fall handelt es sich um eine Felsformation, die wir nach einer Wanderung entlang des Fjordes erreichten. Die Tour führte hinter dem Zementwerk entlang des Hanges auf schmalen Weg, später Steig, zu diesem einzigartigen Ziel. Die Sage um diesen Gubben wartet noch auf eine komplette Übersetzung…
Mit dem Rückweg zur Bushaltestelle ließen wir uns Zeit. Busse fahren nicht häufig, Einkaufsmöglichkeiten / Lokale hatten wir auch nicht gesehen und unser Proviant war aufgegessen. Frisches Wasser aus einem der Bäche von unterwegs löschte nun unseren Durst. Wir hatten unsere Trinkflasche damit wieder aufgefüllt. Am frühen Nachmittag erreichten wir mit dem Bus 400 Narvik.
Als ich wieder einmal mit «Hausarbeiten» beschäftigt war, erkundete Albrecht die Stadtteile Framnes und Frydelund auf der anderen Seite der Bahnlinie. Die Schilderungen hörten sich gut an und so machten wir uns am nächsten Tag gemeinsam auf den Weg. DerWeg führte an der Narvik Kirke und weiter an dem alten stillgelegten Flugplatz vorbei nach Kvitvika. Einladend liegt dieser Badeplatz am Fjord. Bis zum Jachthafen im Ortsteil Vassvika wanderten wir, meist hoch über dem Strand auf naturbelassenem ausgeschilderten Weg. Zuletzt vom Jachthafen hoch zum «Grom Plass», um dann in der Nähe des Bahnhofs wieder im Zentrum anzukommen.
Ich war zunehmend unruhig geworden…. Wegen Gleisarbeiten auf der Ofotbahnstrecke waren die Nachtzüge mit Schlafwagen nach Schweden und von Schweden durch Busse ersetzt worden. Ich war erleichtert als mir bewußt wurde, daß unser Regionalzug Train 95 nach Luleå/ Schweden davon nicht betroffen war. Was ein Glück! Am Bahnhof hatten wir uns neben der Webseite von SJ die Bestätigung dazu geholt. Meinem Wunsch, diese außergewöhnliche Fahrt zu erleben, stand nichts mehr im Wege. Am letzten Tag schlenderte ich noch im Hafenbereich herum, während Albrecht zu einem «Geysir am Berg» unterwegs war.
Zum Abschluß unserer schönen Zeit in Narvik besuchten wir das Restaurant «Fiskehallen» und bestellten natürlich Fisch. Ein Seeteufel grüßte von der Decke. Narvik ist keine schöne Stadt im herkömmlichen Sinn, doch sehr geschichtsträchtig, viel Naturschönheit drumherum und uns hat’s gefallen. Auch ohne Auto konnten wir viel unternehmen, nur Rombaken haben wir nicht geschafft. Geführte Touren dorthin wurden Ende Mai noch nicht angeboten. Die Fahrt mit der Ofotbahn würde uns noch durch diese Landschaft nach Abisko in Schweden bringen.